Mehrere Gruppen rufen für den 6. April zu einem BESETZEN-Bereich auf der Demonstration auf, darunter der Leerstandsmelder Stuttgart, die Revolutionäre Aktion Stuttgart, das Wohnraumbündnis Tübingen, die Initiative Klassenkampf und das Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften.
Im Folgenden dokumentieren wir den Aufruf:
Wohnraum statt Kapitalismus
Demonstrieren, zusammenschließen, Häuser besetzen!
Für die einen die Miete, für die anderen Profite
Von dieser knallharten Logik profitieren zwar auch kleine, private Vermieter*innen, die großen Profiteure und Treiber dieser Entwicklung sind aber Konzerne wie Vonovia und deren Anleger, große Banken und Fonds. Sie sind es, die aufgrund der Nachwehen der Wirtschaftskrise den Wohnungsmarkt verstärkt für sich entdecken, da sie in der produzierenden Wirtschaft geringere Renditen erwarten und mit weiteren Krisen rechnen. Hinzu kommt, dass wegen verfehlter Wohnraumpolitik, zum Beispiel dem Ausverkauf staatlicher Wohnungsgesellschaften und der Privatisierung des sozialen Wohnungsbaus, gerade in den Ballungsräumen zu wenige Wohnungen zur Verfügung stehen. Gut für die Spekulanten: Ein geringeres Angebot führt zu steigenden Preisen. Schlecht für die allermeisten Menschen: Sie sind auf Mietwohnungen angewiesen und müssen wohl oder übel teure Mieten bezahlen.
Das ist der freie Markt, so ist nun einmal unsere Gesellschaft organisiert: Wer viel Geld hat, verdient leicht noch mehr, wer wenig hat, muss sich anstrengen über die Runden zu kommen. Meist entscheidet das Glück darüber, zu welcher gesellschaftlichen Klasse – der arbeitenden oder der besitzenden – man gehört. Arbeiter*innenfamilie oder großes Erbe? Kinder großziehen oder Zeit für Studium und Karriere? Zur richtigen Zeit der richtige Job oder Insolvenz des Arbeitgebers? Fakt ist: Für die meisten Menschen ist die Wohnungskrise eine ernste Gefahr und kann bis zur Obdachlosigkeit führen.
Daraus folgt, dass es für die Wohnraumkrise nur zwei grundlegende Lösungswege gibt: Entweder mit den Kapitalisten, die jedoch nicht auf ihre Profite verzichten wollen, oder ohne die Kapitalisten, die dann auf ihr Eigentum verzichten müssen. Die eine Lösung setzt auf einen Ausgleich zwischen den Klassen, wobei die besitzende Klasse klar im Vorteil ist, da sie unter den gegebenen Umständen mehr Geld und Macht hat. Die andere Lösung setzt auf einen Klassenkampf von unten.
Lösung Nr. 1: Mit den Kapitalisten
Verschiedene solcher Lösungsansätze werden derzeit diskutiert und von der Politik umgesetzt. Allerdings hilft beispielsweise das „Baukindergeld“ gar nicht denen, die es brauchen. Es stellt vielmehr eine indirekte Subventionierung der Bauwirtschaft dar. Ähnlich funktioniert die Systematik des sozialen Wohnungsbaus. Dabei fördert der Staat private Bauträger, die dann 10, 15 oder 20 Jahre lang neue Wohnungen zu einem niedrigeren Preis vermieten. Der Preis orientiert sich dabei am Mietspiegel und ist deshalb gerade in Ballungsräumen oft zu hoch für Geringverdienende. Davon abgesehen sinkt die ohnehin zu geringe Zahl der Sozialwohnungen seit Jahren, da alte Wohnungen aus der Sozialbindung fallen und heute die Bauträger ohne die staatlichen Subventionen oft mehr Profit machen können. Als Folge werden die finanziellen Mittel, die für sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stehen, zu großen Teilen nicht abgerufen. So wird die Entwicklung dem freien Markt überlassen und der Staat greift nur ein, um den Konzernen Geld zuzuschießen.
Gerade die Immobilienlobby strotzt vor weiteren Vorschlägen zur Lösung der von ihr verursachten Krise. Dahinter steckt natürlich weniger die ehrliche Sorge um die Not der Menschen als vielmehr Geschäftssinn: „Mehr Bauen!“ (Wer kann sich Neubaumieten leisten?), „Nachverdichtung“ (Wohl eher: Mehr Filetgrundstücke in Toplagen), „Bürokratieabbau“ (Deregulierung bei der Daseinsvorsorge). Ob die Lösungen funktionieren, merkt man sowieso erst nach etlichen Jahren. Da sind die Gewinne längst anderweitig investiert. Pfusch am Bau mal anders.
Um ihre Interessen umzusetzen bedienen sich die Immobilienbranche und ihre Investoren an einem breiten Arsenal an Einflussmöglichkeiten: Lobbyismus, „Beratung“ von Ministerien und Rathäusern, (legale) Bestechung von Politiker*innen und Finanzierung von Wissenschaft. Möglichkeiten, die Mieter*innen kaum haben.
Lösung Nr. 2: Ohne Kapitalisten
Was wir aber als Mieter*innen haben, ist die Macht der Masse: In Deutschland leben 60 Prozent der Menschen zur Miete, in Stuttgart mehr als 70 Prozent. Viele von uns sind betroffen von Mietsorgen, Wohnungsmangel oder Zwangsräumungen. Uns plagen die gleichen Probleme wie unsere Nachbar*innen. Was wäre naheliegender, als uns mit ihnen in Mieter*inneninitiativen oder klassenkämpferischen Gruppen zusammenzuschließen, uns zu unterstützen und gemeinsam zu wehren? Sei es bei betrügerischen Nebenkostenabrechnungen, in rechtlichen Fragen oder um politischen Druck aufzubauen. Warum nicht Demonstrationen und Versammlungen in der Nachbarschaft organisieren und mit einer Stimme sprechen? Bei den Vonovia-Hochhäusern in der Stuttgarter Friedhofstraße konnten so einige unnötige und teure Sanierungen verhindert werden. Warum nicht einige der vielen leerstehenden Häuser und Wohnungen besetzen? In der Wilhelm-Raabe-Straße 4 in Stuttgart haben das im Frühjahr 2018 eine junge Familie und eine Alleinerziehende gemacht und eine stadtweite Debatte zur Wohnungskrise ausgelöst.
Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Verbesserungen für unsere Klasse niemals von alleine kamen. Die Regierenden und Reichen haben uns diese nur zugestanden, weil sie Angst hatten, noch mehr zu verlieren, wenn Menschen weiter gemeinsam für ihre Interessen gekämpft hätten. Freiwillig haben die Reichen noch nie etwas von ihrem Reichtum abgegeben, warum auch?
Was die Reichen aber immer schon gemacht haben und weiter machen werden ist, daran zu arbeiten, die von uns erkämpften Fortschritte zurückzunehmen. So wurden zum Beispiel durch die letzte Mietrechtsnovelle 2013 (fristlose) Kündigungen und Räumungen für die Vermieter*innenseite vereinfacht. Erst wenn die besitzende Klasse nicht mehr über Geld und Eigentum verfügt und die Gesellschaft nicht auf Profit, sondern auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet wäre, kann die Wohnraumkrise wirklich gelöst werden.
Eigentlich sind wir Millionen. Wenn wir uns organisieren und für unsere Rechte kämpfen, sind wir stärker als die Millionäre, die heute die Politik bestimmen.
Gehen wir auf die Straße!
Schließen wir uns zusammen und organisieren wir den Kampf für unsere Interessen!
Besetzen wir Häuser und stellen die Frage: Wohnraum für Menschen oder für Profite?!
Quelle und weitere Informationen